Synergeticon weist Robotern körperlich anstrengende und monotone Aufgaben zu. Das 2016 von David Küstner (30) und Daniel Erdelmeier (32) gegründete Startup mit Sitz im Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) in Hamburg, bietet individuelle Softwarelösungen im Bereich digitaler Assistenzsysteme, kollaborativer Robotik und Künstlicher Intelligenz. „Unser Konzept bringt eine gewisse Intelligenz in den Roboter, er schreibt sich seine Programme selbst“, erklärt Küstner.
Der Roboter kann Multitasking
Die konventionelle Automatisierung im Auto- und Flugzeugbau funktioniert zurzeit vor allem mit stationären Systemen, die mit großem Kostenaufwand für einen einzigen Anwendungsfall programmiert werden und entsprechend unflexibel sind. Der von Synergeticon programmierte Roboter hingegen kann Multitasking. „Der Roboter scannt sein Umfeld mit einem mehrstufigen Sensorsystem. Zunächst grob, um sich zu orientieren und in einem zweiten Schritt detaillierter, um bestimmte Aufgaben lösen zu können. Das System ist vergleichbar mit dem selbstfahrender Autos“, so Erdelmeier.
Mensch so bald kein Auslaufmodell
Kollege Roboter könne nun beispielsweise ungeliebte Aufgaben übernehmen, wie etwa 200 Schrauben über Kopf zu setzen, und damit ein gern gesehenes Teammitglied werden. Solche Erfahrungen könnten durchaus dazu führen, Befürchtungen vom ‘Job-Killer-Roboter’ zu zerstreuen, sind Küstner und Erdelmeier überzeugt, die sich beim Studium im Bereich Maschinenbau an der RWTH Aachen kennengelernt haben. „Zudem ist es ja auch nicht so, dass wir es mit einer generellen Intelligenz zu tun haben, sondern die KI in den Robotern ist in der Lage, ganz bestimmte Aufgaben sehr gut zu übernehmen – aber eben nur bestimmte Aufgaben.“ Kollege Mensch sei somit keineswegs ein Auslaufmodell.
Programm muss stets nachvollziehbar bleiben
Für die Intelligenz im Roboter sorgt ein Trainingsprogramm, durch das der Roboter lernt. „In dieses Programm ist sehr viel Arbeit geflossen“, erzählt Erdelmeier. Ein Stück weit hat Synergeticon dabei auch mit selbstlernenden Algorithmen gearbeitet, Stichwort Deep Learning. „Doch wir müssen stets in der Lage sein, jeden Schritt des Roboters nachvollziehen zu können. Darum ist der Einsatz von Deep Learning begrenzt.“ Im Endeffekt hat Synergeticon ein nah an industrielle Standards angelehntes, modulares System entwickelt, das stets aufs Neue an die jeweiligen Anforderungen angepasst und durch neue Features ergänzt werden kann.
Wachstum ganz ohne Investor
„Wir befinden uns jetzt im Prototypenstatus und gehen in die Testphase. Auf dem Demonstrator im ZAL hat unser Prototyp bereits alle Tests bestanden, nun soll er im realen Umfeld bei Airbus getestet werden“, sagt Küstner. Sind auch diese Tests erfolgreich, ließe sich das System branchenunabhängig in der Industrie einsetzen. „Zum Beispiel im Bau von Energieanlagen, Siemens wäre da ein interessanter Kunde“, blickt Küstner in die Zukunft. Ein Blick zurück zeigt, das Startup ist auf einem guten Weg. Stand Ende 2018 erarbeiten 18 Mitarbeiter einen siebenstelligen, projektbasierten Umsatz, ganz ohne Unterstützung eines externen Investors. Küstner ergänzt: „Wir wollen organisch wachsen, dabei aber ein mittelständisches, gut vernetztes Unternehmen bleiben.”
ys/sb/kk
Quelle und weitere Informationen:
www.synergeticon.de
www.zal.aero
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